► Vor 80 Jahren: Die Eröffnung des Fernsehtelefon-Verkehrs Berlin - Leipzig - Berlin


Eine Weltneuheit – die Eröffnung des Fernsehtelefon-Verkehrs

Berlin - Leipzig - Berlin


 

Am 1. März des Jahres 1936 eröffnete Deutschland als erstes Land der Welt einen Fernsprechdienst, bei dem man den Sprecher aus der Gegenseite nicht nur hören, sondern gleichzeitig auch sehen konnte. Die erste (ca. 160 km lange) Fernsehsprechstrecke führte von Berlin nach Leipzig und wurde anläßlich der Leipziger Frühjahrsmesse in Betrieb genommen. Über das Ereignis wurde noch im gleichen Monat auf einer Titelseite der renommierten Zeitschrift FUNKSCHAU berichtet: mit Bildern der beiden Sprechstellen in Berlin am Zoo und in Leipzig (Postamt am Augustus-Platz).

Fernsehsprechstelle in Berlin, Hardenberg- Ecke Kant-Straße
Um diese neue Technik publik zu machen und vielen Gelegenheit zu geben, sich von diesem „neuen Wunderwerk der Nachrichtentechnik“ zu überzeugen, entschloß sich die Deutsche Reichspost, während der Zeit der Olympischen Spiele vom 1. bis 16. August 1936 auch Fernseh-Stadtgespräche zu ermöglichen. So wurden weitere Sprechstellen auf der Olympia-Ausstellung "Deutschland" sowie im „Columbushaus“ (Potsdamer Platz) eingerichtet. Die Fernsehgespräche innerhalb Berlins kosteten bis zu 3 Minuten Dauer 2 Mark. Wer sich aber davon überzeugen wollte, daß auch die Fernsehverbindung mit Leipzig einwandfrei arbeitete, aber in Leipzig niemanden hatte, mit dem er „fernseh-fernsprechen“ konnte, dem wurde auf Wunsch in Leipzig ein Beamter der Deutschen Reichspost als Gesprächspartner vermittelt!

Was nun die technischen Voraussetzungen für diesen Fernseh-Telefon-Verkehr betrifft, so konnte man auf neue, für den seit 1935 eingeführten Fernseh-Programmbetrieb notwendig gewordenen, etappenweise verlegten Breitbandkabel zurückgreifen, auch wenn diese Technik noch mit den „alten“ 180 Zeilen bei 25 Bildwechseln je Sekunde arbeitete. 1937 resümierte die FUNKSCHAU, das Fernseh-Fernsprechen habe „eine zunächst durchaus befriedigenden Qualität. Man konnte das telefonische Fernsehen in dieser ersten Form durchaus schon als einen Gewinn betrachten, nicht nur als ein Erlebnis oder eine Sensation. Es steht mit Sicherheit zu erwarten, daß die nächsten Jahre das telefonische Fernsehen zur ständigen Einrichtung erheben werden...“ Trotz der bescheidenen Bildqualität muß man damals von den Vorteilen des Fernseh-Telefons doch recht begeistert gewesen sein, denn „...im Gegensatz zum Ferngespräch hat das Fernsehgespräch eine viel persönlichere Note, ganz abgesehen von den mannigfaltigen, durch das Bild gegebenen Möglichkeiten...“
Mit Hilfe dieser Geräte wird die Güte des Fernsehbildes bei den Fernsehsprechverbindungen der Deutschen Reichspost überwacht.
Hier werfen wir einen Blick in die Eingeweide eines der Kabinenempfänger, wie sie im Fernsehsprechdienst zur Anwendung kommen.
Der technische Aufwand indessen war beträchtlich, wie man einem im April 1939 in der FUNKSCHAU veröffentlichen Beitrag entnehmen kann. Der „Kabinenempfänger“ der Fernseh-AG. enthielt die damals größte praktisch eingesetzte BRAUNsche Röhre mit 50 cm Durchmesser; sie arbeitete mit 12.000V Anodenspannung!

In Berlin wurden in den folgenden Jahren weitere Fernsehsprechstellen eröffnet - 1938 auf dem Ausstellungsgelände am Funkturm und Anfang 1939 im „Haus der Technik" in der Friedrichstraße. Inzwischen waren auch Nürnberg, München und Hamburg angeschlossen worden. Die weiterreichenden Pläne der Deutschen Reichspost konnten wegen des Kriegsbeginns im September 1939 wohl nicht mehr verwirklicht werden: „... Man beabsichtigt, in absehbarer Zeit das Fernsehsprechen planmäßig weiter auszubauen. So sollen nach Fertigstellung der Breitbandkabel weitere Fernsehsprechstellen in Frankfurt am Main, Köln und Wien an das deutsche Fernsehsprechnetz angeschlossen werden, und Berlin wird eine fünfte Fernsehsprechstelle in den neuen Gebäuden des Flughafens Tempelhof bekommen. Es ist ferner beabsichtigt, die Fernsehnorm von 441 Zeilen auch beim Fernsehsprechen in absehbarer Zeit einzuführen, und es wäre denkbar, daß an die Stelle der bisherigen mechanischen Abtasteinrichtungen die elektrische Abtastung tritt unter Verwendung von sehr lichtempfindlichen lkonoskopen...“ schreibt die FUNKSCHAU noch im April 1939.

Wie lange das Fernseh-Fernsprechen überhaupt noch möglich war, konnte von uns bisher nicht ermittelt werden. Hinweise dazu sind durchaus erwünscht!

Übrigens: Der Autor dieses Beitrags erhielt vor Jahren von einer Zeitzeugin, Tochter eines höheren Postbeamten in Leipzig, einen Erlebnisbericht von einem solchen Fernseh-Ferngespräch, der überaus interessant und spannend war...

Fotos:
aus der  FUNKSCHAU 1936 H. 12 v. 22.3.36

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